Offenen Brief der GEW an den Ministerpräsidenten

Offener Brief zur geplanten Öffnung von Kindertagesstätten und Grundschulen im Corona-Regelbetrieb am kommenden Montag, 22. Februar 2021

Sehr geehrter Herr Günther,
Sie und Ihre Landesregierung wollen am kommenden Montag, 22. Februar 2021 Kindertagesstätten und Grundschulen überwiegend in den Corona-Regelbetrieb gehen lassen. Mit diesem Plan werden Sie aus unserer Sicht Ihrer Verantwortung als Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein nicht gerecht, weil Sie die Gesundheit der Beschäftigten in Kitas und Grundschulen unnötigerweise einem hohen Infektionsrisiko aussetzen. Weder in Kitas noch in Grundschulen lassen sich schon aus pädagogischen Gründen die erforderlichen Abstände einhalten. Ausreichender Schutz durch FFP2-Masken für die Beschäftigten und Lüftungsgeräte stehen in der Regel nicht zur Verfügung.
Leider entwickelt sich die Lage in Schleswig-Holstein nicht in allen Kreisen positiv. Die Entwicklung im Kreis Schleswig-Flensburg zeigt, dass das Virus unberechenbar ist. In Flensburg hat die Mutation B.1.1.7 die Überhand gewonnen. Besonders hier, aber auch in anderen Landesteilen, machen sich immer mehr Pädagoginnen und Pädagogen, die im Notbetrieb
oder in Abschlussklassen in Präsenz eingesetzt sind, wegen der aktuellen Entwicklung große Sorgen um ihre Gesundheit. Die Erfolge der letzten Wochen dürfen nicht aufs Spiel gesetzt werden. Der Wiedereinstieg muss behutsam erfolgen und einhergehen mit mehr Schutzmaßnahmen.

Wir haben in den letzten Wochen unsere Mitglieder zur aktuellen Lage in den Kitas befragt. Das besorgniserregende Ergebnis: 85 Prozent sehen sich nicht ausreichend vor einer CoronaInfektion geschützt. Diese Angst um die eigene Gesundheit ist eine enorme Belastung für die betroffenen Erzieherinnen und Erzieher. Gleichzeitig fehlt die Wertschätzung durch die politischen Akteurinnen und Akteure. 91 Prozent fühlen sich aktuell nicht von ihnen für das Engagement in der Corona-Pandemie wertgeschätzt.

Wer weiß besser als wir Pädagoginnen und Pädagogen, dass Kitas und Schulen für Kinder von elementarer Bedeutung sind. Aber niemandem ist damit gedient, wenn wir der Pandemie günstige Ausbreitungschancen bieten, weil viel zu viele Kinder auf engstem Raum ohne ausreichende Abstandsmöglichkeiten zusammengekommen. Dies umso mehr, weil wir es zunehmend mit der ansteckenderen Variante des Virus zu tun haben.
Wir fordern:
auch bei niedriger Inzidenz zunächst Start mit halbierten Gruppen in den Kitas und mit Wechselunterricht an den Grundschulen unter Berücksichtigung der örtlichen schulischen Bedingungen sowie Aufhebung der festen Zeiten im Rahmen der Verlässlichkeit
einen Maßnahmenplan, der sich an lokalen Inzidenzen orientiert
die Umsetzung einer alltagstauglichen Teststrategie für Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler
die Priorisierung der Erzieherinnen und Erzieher und Lehrkräfte an den Grundschulen bei der freiwilligen Corona-Impfung
besseren Schutz von Beschäftigten mit einem besonderen gesundheitlichen Risiko

Die letzten Monate haben die Pädagoginnen und Pädagogen in Schleswig-Holstein viel Kraft gekostet. Sie haben Enormes geleistet, um in dieser schwierigen Phase der Pandemie die Kinder und Jugendlichen auf Distanz bestmöglich zu unterstützen. Auch Notbetreuung und Präsenzunterricht in den Abschlussklassen wurden unter der Anstrengung der geltenden Hygienevorschriften in kleinen Gruppen von allen Beteiligten gemeistert.
Aus der Politik ist dafür aber leider nicht die verdiente Wertschätzung bei den Pädagoginnen und Pädagogen angekommen!

Sehr geehrter Herr Günther, wir appellieren nachdrücklich an Sie: Schützen Sie das Personal in den Kitas und Grundschulen! Machen Sie die Gruppen kleiner! Öffnen Sie Kitas und Schulen behutsam, damit Sie sie nicht gleich wieder schließen müssen. Am kommenden Montag dürfen Kitas und Schulen nicht wieder im Corona-Regelbetrieb beginnen!

Mit freundlichen Grüßen
Katja Coordes
(stellv. Landesvorsitzende der GEW Schleswig-Holstein)

Februar 18th, 2021 by