Der K(r)ampf gegen die Drachenbrut

Anlässlich des bald nahenden zweiten Jahrestages der Ankunft der Corona Pandemie in den Schulen und Kitas unseres Bundeslandes entstand diese kurze literarische Auseinandersetzung mit unseren Erlebnissen in den  vergangenen 24 Monate. 

 

Der K(r)ampf gegen die Drachenbrut

Ein Märchen … leider bisher noch ohne gutes Ende

Es war einmal vor gar nicht langer Zeit, da herrschte im Fürstentum im hohen Norden, zwischen den beiden Meeren, unter seinem schwarz, gelb, grünen Banner Fürst Daniel der Unverbindliche. Lange, so sagt man, waren die Menschen dort recht zufrieden mit Fürst Daniels Herrschaft und glücklicher als im Rest des Reiches. Doch dann flog aus den weiten Wäldern und Wüsten des Ostens ein Drache heran, überfiel auch dieses Land und tötete viele Menschen durch feurigen Atem und seinen Biss. Und diejenigen, die den Angriff des Drachen überlebten, litten oft und lange schwere Schmerzen.

Auch wenn die Weisen des Landes den Fürsten vor der Kraft des Drachen warnten und die Forscher und die geschicktesten Handwerker des Landes immer neue Mittel und Wege fanden dem Untier zu trotzen, blieb die Bedrohung. Denn immer neue Abkömmlinge der wilden Bestie suchten das Land heim, einer gefährlicher als der andere. Die Menschen aber lebten auch im dritten Jahr der Heimsuchung in ihren Hütten und Häusern, häufig zu dreißig und mehr in engen Räumen voll schlechter Luft und Ausdünstungen. So wurden sie leicht Opfer der Drachenbrut. Sehnsüchtig schaute das Volk deshalb über die südliche Grenze, wo es als bald Drachenfallen in fast allen Behausungen gab. Und einige beschlossen ihr Handwerk und sogar ihre Heimat zu verlassen. Denn etwas Besseres als die Not fänden sie überall.

Ängstlich wandten sich die anderen ob des durch die Drachen angerichteten Leids an den Fürsten Daniel und baten ihn inständig, sie vor dem Grauen zu beschützen.

Da versammelte Fürst Daniel seine Beraterinnen und Berater, nachdem er diese zuvor mit dem besten Rüstzeug gegen die Angriffe des Drachen gewappnet hatte, im prachtvollen weiten Kronsaal am Ufer der Förde zu Kiel und übertrug jedem von Ihnen einen Teil dieser schweren Aufgabe.

Doch Wehe dem armen Lande und seinen Menschen, die von solchen Fürsten und Beraterinnen regiert werden. Kämmerin Monika vom grünen Hain war in viel zu großer Sorge um den Staatsschatz, als dass sie einen ihrer geliebten Dukaten für das Wohlergehen der Menschen und die Abwehr der Ungeheuer ausgeben mochte. Fürst Daniels Hofarzt, Heiner der Karge, wies alle seine Aufgaben zurück, um dann hurtig zum nächsten Tanzvergnügen zu eilen. Die Ballsäle des Fürstentums, so erklärte er stolz, seien drachensicher. 

Und Edelfrau Karin, die Viertel nach Zwölfte von Besserwissen, deren Sorge besonders dem Wohlergehen der Kinder des Landes hätte gelten sollen? Sie bewunderte sich lieber im Spiegel, statt die Klagen des Volkes zu erhören, statt tatkräftig Drachenfallen in den Häusern und Horten des Landes aufstellen zu lassen und Rüstungen für den Drachenkampf zu verteilen. Gerne erzählte sie stattdessen die Mär von den drachensicheren Häusern und unverletzlichen Kindern und Erwachsenen des Landes. Und davon, dass man, wenn sich einmal ein Drache in eine der Behausungen verirre, nur ein Fenster öffnen müsse. Sofort flöge er hinaus. Also verkündete Edelfrau Karin bei einem Besuch in der Bärenstadt, dass man die Kinder ohne Sorge in den stickigen und kalten Hütten halten müsse, auch wenn die Drachenbrut immer bedrohlicher brülle und an deren Tore kratze. Denn nur so könnten die Fronknechte und Bediensteten, die Händler und Krämer des Fürstentums ihr Werk verrichten und den hohen Herren, den edlen Frauen und dem Fürsten einen guten Steuerzins entrichten.

Von ihrem Spiegel ließ sich Edelfrau Karin nach jeder ihrer Reden laut und aufs Höchste dafür loben, wie sehr sie sich doch für ihre Arbeit aufopfere.  Schon lange war sie nämlich auf der Suche nach immer neuen Pfründen und Ämtern und strebte nach Ansehen und noch mehr Bewunderung. Wie hatte sie doch davon geträumt, an der Seite von Fürst Armin dem Zweifelhaften aus der alten Stadt Aachen in die Regierung des ganzen Reiches aufzusteigen. Was bedeuteten ihr da schon die Wünsche und Nöte der kleinen Leute. Aber um das Volk dennoch zu beruhigen, wies sie ihren Sekretär und Hofdichter Alexander an, jeden Tag neue fürstliche Erlasse und lange Schreiben zu versenden, die man laut vorlesen und so die Drachen verschrecken sollte.

So ging es nun schon viele Monate, als die Menschen endlich erkannten, dass sich hinter all den Reden und erzählten Märchen, den wortreichen Papieren und Erlassen nichts als eine nackte, kalte Leere verbarg. Und vielleicht hätten die Bewohner unseres Fürstentums sogar darüber gelacht, denn einige erinnerten sich noch an die Geschichte vom König, der einst völlig nackt und doch wie ein Pfau umherstolziert war. Aber die Menschen waren zu erschöpft und enttäuscht von all dem Leid und den Mühen und die Drachen immer noch zahlreich. So blieb den Bewohnern des einst so glücklichen Fürstentums nichts anderes übrig als auf den Frühling und auf einen neuen Fürsten und bessere Beraterinnen und Berater zu warten.

…. Und wenn sie bis dahin nicht gestorben sind, dann leben sie hoffentlich noch lange!

 

Anmerkung des Autors:

Natürlich handelt es sich bei dem vorliegenden Märchen um reine Fiktion, Ähnlichkeiten mit tatsächlich existierenden Menschen oder Drachen können nur zufällig sein. Oder kennen Sie etwa heute noch solche Fürsten, solch böse Drachen usw.? Falls sich wider Erwarten dennoch irgendjemand in dem Text wiedererkennen sollte, dem sei auf diesem Wege gesagt: Vielen Dank für die Inspiration!

                                                                                                                                                                             GCL.

Januar 13th, 2022 by