100 ist das neue 50….!

Nachdem sich das Covid19-Infektionsgeschehen in Schleswig-Holstein beschleunigt hat und die aktuellen Erkrankungszahlen z.B. besonders in einzelnen Landkreisen in Südholstein deutlich über den Inzidenzwerten von Hamburg liegen, hat die Landesregierung jetzt ihre Vorstellungen zum schrittweisen Ausstieg aus dem Lockdown sowie die in Zukunft dafür geltenden Grenzwerte vorgestellt. Dazu wurde der bisher maßgebliche Grenzwert einer Inzidenzzahl  von 50 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner:innen in sieben Tagen auf den Wert 100 im gesamten Schleswig-Holstein heraufgesetzt. Dieser Wert wird zurzeit für das Bundesland, wenn auch nur knapp, mit etwa 95 unterschritten.

Nach den gestern veröffentlichen Plänen (https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/I/_startseite/Artikel2021/I/210126_stufenplan.html)  würde dies bedeuten, dass in Schleswig-Holstein Kitas und Schulen schon in absehbarer Zeit zwar stufenweise, aber landesweit geöffnet werden. Grundsätzlich ist eine möglichst rasche Rückkehr zu „normalen“ Verhältnissen an den Kitas und Schulen des Landes anzustreben. Aber nach den vorliegenden Plänen der Landesregierung würde demnächst auch in Regionen wie z.B. dem Kreis Pinneberg Präsenz-und Wechselunterricht beginnen, obwohl dort die Infektionszahlen seit Wochen sehr deutlich über dem Inzidenzwert 150 liegen. In einem Flächenland, wie Schleswig-Holstein es ist, können sinnvollerweise  jedoch nur die jeweilige Infektionssituation vor Ort und die Beachtung regionaler Corona Hotspots auschlaggebend für Lockerungsmaßnahmen sein. Das Jonglieren mit recht willkürlich herauf- oder heruntergesetzten Grenzwerten erhöht  die Richtigkeit und Akzeptanz der vorgestellten Maßnahmen auch nicht. Diese Richtwerte könnten ja bei weiter steigenden Infektionszahlen im Land  beliebig nach oben angepasst werden.

Schleswig-Holstein schert damit nicht zum ersten Mal aus vereinbarten Beschlüssen der Landesregierungen und des Bundes aus und prescht mit nicht durchdachten Verlautbarungen voraus. Dabei zeigt sich auch diesmal die Einschätzung der Landesregierung, dass Schulen und Kitas im gesamten Covid19-Infektionsgeschehen eine völlig unbedeutende Rolle spielten. Die Bildungsministerin und ihr arbeitsmedizinischer Dienst stellten ja schon von Beginn der Pandemie an die Gefährlichkeit des Virus in Frage und verharmlosten die Ansteckungsgefahren für Kinder, Lehrkräfte und Betreuer:innen in den Schulen und Kitas. So wurden fast alle ärztlichen Atteste von Lehrkräften mit  schweren Vorerkrankungen nicht anerkannt, wirksame bauliche Schutzmaßnahmen in den Klassenräumen für nicht sinnvoll erklärt, das Tragen von FFP2 Masken im Unterricht in Frage gestellt und direkt nach Bekanntgabe der Beschlüsse der vorletzten Sitzung von Bundesregierung und Länderchef:innen flächendeckender  Präsenzunterricht nach Stundentafel für die Abschlussklassen angeordnet.

Dass die, wohl auch den aktuellen Lockerungsplänen der Landesregierung zugrundeliegenden, Vorstellungen des Bildungsministeriums  nicht zutreffen, ist mittlerweile durch eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigt worden. Ausführlicher äußerte sich z.B. der Mikrobiologe Prof. Michael Wagner in einem Interview des NDR vom 26. Januar 2021 zur Bedeutung von Kindern und Jugendlichen, Kitas und Schulen für das Covid19-Infektionsgeschehen: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Interview-mit-Mikrobiologe-Prof-Michael-Wagner-,panoramadrei3734.html

GerdCL.
GEW KV Segeberg
27.01.2021
 

 

 

Januar 27th, 2021 by