Volle Klassen und Kitas – ein Neustart mit Frust und Furcht vor einer dritten Welle

Kitas und Grundschulen des Landes Schleswig-Holstein sind Anfang der Woche trotz wieder ansteigender Infektionszahlen, trotz besonders gefährlicher Virusmutationen und trotz der Warnung vieler Wissenschaftler:innen in den Präsenzbetrieb gegangen. Für Bildungsministerin Prien ist das die „Normalität“, wie sie am 19.Februar verlautbaren ließ. Das wundert nicht, hat Frau Prien doch von Anfang an die Gefährlichkeit der Corona Pandemie und eine Gefährdung der Kinder und der Beschäftigten in den Kitas und Schulen negiert oder heruntergespielt.

Von einer echten „Normalität“ sind Schulen und Kitas jedoch immer noch weit entfernt. Bis heute, mehr als ein Jahr nach Beginn der Pandemie,  wurden die meisten Schulen und Kitas weder mit FFP2 Masken versorgt, noch mit technischen Schutzeinrichtungen wie Trennwänden oder Luftreinigungsfiltern ausgestattet. Die zum Neustart des Unterrichts versprochenen Schnelltests für Lehrkräfte an den Schulen und Erzieher:innen in den Kitas sind frühestens in einigen Wochen in ausreichender Zahl vorhanden, die Organisation der Testung ist noch völlig ungeklärt. Regelmäßige Tests bei den Schüler:innen und den Kita-Kindern, die viel sinnvoller wären, sind gar nicht vorgesehen. Auch bei den nun angekündigten Impfungen für die Mitarbeiter:innen in den Kitas und den Schulen ist beim jetzigen Impftempo zu erwarten, dass auch diese noch mehrere Wochen auf sich warten lassen.

Der folgende Leserbrief unserer GEW Kollegin Ute Hecht, der auch schon in den Lübecker Nachrichten und in der Segeberger Zeitung veröffentlicht wurde, spiegelt den weitverbreiteten Frust und die Verärgerung der Lehrkräfte und Beschäftigten in den Kitas gut wider:

Wie großzügig von der Regierung

“Liebe Landesregierung, liebe Bundesregierung, ich bin seit vielen Jahren Grund­schullehrerin, und ich finde, es ist jetzt Zeit, mich mal bei Ihnen zu bedanken. Die An­forderungen an unsere Ar­beit werden immer größer, Sie haben unsere Stunden­zahl erhöht. Vielen Dank! Sie führen die Inklusion ein, kür­zen aber die Stunden der un­terstützenden Förderschullehrkräfte. Vielen Dank. Sie führen DAZ-Klassen und -Zentren ein. Die Umsetzung überlassen Sie den Schulen. Vielen Dank. Sie fördern und fordern Digitalisierung, stel­len viel Geld zur Verfügung. Die Umsetzung? Ja, richtig, darf auch wieder jede Schule für sich alleine erarbeiten.

Corona, seit einem Jahr un­ser Alltag, es wird viel Geld in die Hand genommen. Wo ist das hin? Kein Konzept, dass jede Klasse ein Waschbecken hat, dass es ausreichend Toi­letten gibt! Luftreinigungsgeräte für jeden Schulraum? Abhängig von der Fürsorge durch die Gemeinden! Hygienekonzepte? Klar, das schaffen die Schulleitungen und Lehrkräfte auch noch! Vielen Dank!

Und jetzt, als der Druck sei­tens der Bevölkerung groß ist, zur Öffnung der Kinder­gärten und Grundschulen, Erzieherinnen und Lehrerin­nen vielleicht doch besser zu schützen als mit Tests? Da sa­gen Sie großzügig: Liebe Er­zieherinnen und Grund­schullehrerinnen, ihr werden im Impfkonzept vorgezogen. Wir haben da noch ein biss­chen Astra Zeneca übrig. Das will nämlich keiner haben, weil es nicht so wirksam ist wie andere. Und da reicht es für mich. Das kann ich so nicht einfach hinnehmen. Da muss ich mich bei Ihnen für Ihre Fürsorge für Ihre Unter­gebenen bedanken. Kaum eine Firma geht so umsichtig und schützend mit ihren An­gestellten um. Damit nehmen Sie mir auch noch meine letz­te Angst. Vielen Dank!“

Ute Hecht, Felde

Februar 26th, 2021 by